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TVStud

Im Zuge des Streiks der studentisch Beschäftigten gab es eine Mail des Präsidenten an alle Studierenden. (Siehe ganz unten)

Ein Studi und studentisch Beschäftigter schrieb daraufhin eine Antwort, die wir hier veröffentlichen möchten.

Antwort des Studis

Lieber Herr Thomsen,

Ihren Versuch, die Studierenden gegen die studentischen Beschäftigten auszuspielen halte ich als Studierender und auch als studentisch Beschäftigter für mehr als daneben.

1. Im ersten Moment mag eine Lohnerhöhung um 18% viel klingen, real ist sie das aufgrund des Reallohnverlustes der letzten 17 Jahre nicht. Das ist gerade einmal etwas mehr als die Hälfte des Verlusts. De facto also immer noch eine Lohnkürzung um 15%. Darüber hinaus haben Sie in Ihrer Argumentation alle Steigerungen über die kommenden 5 Jahre eingerechnet, ein Zeitraum, in dem die Lebenserhaltungskosten erwartungsgemäß ebenfalls weiter steigen und somit den inflationsbereinigten Reallohn weiter schmälern.

2. Ist die Zahlung der TU Berlin nett und schön, aber eben auch freiwillig und damit ebenso schnell wieder rückgängig zu machen, wie eingeführt. Ob jetzt als Druckmittel, als Lockangebot, als nette Geste oder wie auch immer. Verlassen kann sich darauf kein studentisch Beschäftigter der TU. Womit wir bei der viel gepriesenen Planungssicherheit sind, die die Hochschulen gerne anführen, wenn es um die Ankoppelung an den TV-L geht. Diese Planungssicherheit gibt es nicht mit einer netten Geste, sondern nur mit einem verbindlichen Tarifvertrag.

3. Der bundesweite Vergleich mag so stimmen, ist aber unerheblich, da die Lebenshaltungskosten unterschiedlich sind und es sich ohnehin verbieten sollte Lohndumping als Argument für Lohndumping anzuführen.
Mit Ihrer Argumentation könnte man übrigens auch das Gehalt des Präsidenten kürzen. Immerhin wird woanders weniger gezahlt.

4. Ist das Angebot, zukünftig vielleicht eventuell einmal über die Weitergabe ohnehin dafür erhaltener Mittel durch die Landesregierung an die Beschäftigten zu verhandeln nicht wirklich zugkräftig. Die Anbindung an den TV-L kann auch jetzt schon erfolgen. Die Mittel sind bereits in den Hochschulverträgen enthalten und werden auch dort entsprechend angepasst.

5. Ist die Problematik der Prüfungsphase nach 1,5 Jahren Tarifkonflikt und mehreren Streikwochen nicht wirklich überraschend. Das auf die studentischen Beschäftigten zu schieben, die den Studierenden die Prüfungen verbauen, ist unverschämt. Die Hochschulen hätten schon längst einen Tarifvertrag haben können.

Diese Mail von Ihnen zeigt mir als Studi und auch als studentisch Beschäftigtem sehr genau wie Sie mich, meine Arbeit und meine Studienbedingungen wertschätzen. Als Beschäftigter werde ich nicht ernst genommen und als Studierender soll ich die Zahlen aus dem Hut des Wohltäters glauben und die Beschäftigten als stur, unkooperativ und mir gegenüber feindlich wahrnehmen. Dafür habe ich so gar kein Verständnis.

Dennoch werde ich Sie in Ihrem Anliegen unterstützen möglichst schnell einen neuen Tarifvertrag zu bekommen, in dem ich mich weiterhin am Streik und anderen Aktionen beteiligen werde, damit sich auch die Hochschulen bewegen und endlich zu einem wirklich guten Angebot kommen. In dem Sinne appelliere ich an Sie das Angebot der Hochschulen zu überdenken und vor allem im Sinne der Studierenden, die Sie mit Ihrer Mail ansprechen, schnell zu handeln.

Viele Grüße
RN

Die Mail des Präsidenten

in der kompletten Fassung, nicht die gekürzte Variante die veröffentlicht wurde:

Sehr geehrte Studierende der TU Berlin,

 ich möchte mich heute mit diesem Brief an Sie wenden, da seit 4. Juni 2018 eine Gruppe von studentischen Beschäftigten in Berlin streikt. Sie fordern einen gerechten Tarifvertrag und haben am 13. Juni 2018 das Audimax der TU Berlin besetzt.

 Ich habe Verständnis für Streikmaßnahmen, die der Verbesserung der Lage und der Rechte der Arbeitnehmer*innen dienen. Das ist ein hohes Gut in unserem Land.

 Ich habe jedoch kein Verständnis, wenn ein Angebot mit einer Tarifsteigerung um insgesamt rund 18 Prozent abgelehnt wird. Daher appelliere ich an die streikenden Studierenden, ihre Aktionen wie die komplette Besetzung des TU-Audimax zu überdenken, auch um unseren Studierenden ihren erfolgreichen Semesterabschluss nicht zu gefährden.

  Wir als TU Berlin zahlen unseren studentischen Beschäftigten seit Januar 2018 bereits 12,50 Euro. Der reguläre Lohn im Land Berlin und damit an anderen Hochschulen beträgt 10,98 Euro.

 Mit der Auszahlung von 12,50 Euro befinden wir uns deutschlandweit im absoluten Spitzenfeld der Bezahlung von studentischen Beschäftigten.

 Mit unserer Erhöhung haben wir wieder Bewegung in die Tarifverhandlungen zwischen den Gewerkschaften und dem Kommunalen Arbeitgeberverband gebracht und zeigen deutlich unsere Wertschätzung gegenüber den Studierenden.

 Das Angebot des Kommunalen Arbeitgeberverbandes liegt seit Ende Mai auf dem Tisch und umfasst:

 -       eine deutliche Steigerung des Lohns um rund 18 % inklusive einer jährlichen Dynamisierung,

-       eine deutliche Erhöhung des Urlaubs von 25 auf 30 Tage,

-       eine deutliche Verlängerung der Entgeltfortzahlung bei Krankheit von sechs auf zehn Wochen,

-       sowie unsere Bereitschaft, ab 2023 erneut in Tarifverhandlungen einzutreten.

 Konkret bedeutet das eine Steigerung

 in einem ersten Schritt von jetzt 10,98 EUR             auf 12,13 EUR,

ab dem 01.01.2019                                                   auf 12,30 EUR,

ab dem 01.10.2019                                                   auf 12,50 EUR,

ab dem 01.01.2021                                                   auf 12,68 EUR,

ab dem 01.01.2022                                                   auf 12,86 EUR,

ab dem 01.01.2023                                                   auf 13,04 EUR.

 Die Berliner Hochschulen haben den Gewerkschaften außerdem angeboten, sich in den künftigen Hochschulvertragsverhandlungen mit dem Land Berlin für eine höhere Vergütung in Anlehnung an die Tarifentwicklung des TV-L einzusetzen. Nach TV-L werden die Beschäftigten im öffentlichen Dienst bezahlt.

 Weil wir die Erhöhung des Lohns als gerechtfertigt empfinden, zahlt die TU Berlin seit 1.1.2018 bereits 12,50 Euro. Studentische Beschäftigte sind für den universitären Betrieb unverzichtbar. Den von ihnen erbrachten Leistungen in Forschung und Lehre soll eine angemessene Entlohnung gegenüberstehen. Dies gilt gerade in Zeiten, in denen die allgemeinen Lebenshaltungskosten, insbesondere die Mieten in unserer Stadt, ansteigen.

 Wir sind bereit zu einer Einigung und nach wie vor überzeugt, dass wir ein sehr gutes Angebot unterbreiten. Wenn es keine Einigung gibt, müssen Klausuren ausfallen und können Studienleistungen nicht erbracht werden. Das möchte ich auf alle Fälle verhindern.

 Bitte unterstützen Sie dieses Anliegen.

 Mit freundlichen Grüßen

 Prof. Dr. Christian Thomsen

Präsident der Technischen Universität Berlin

 Berlin, 14.6.2018