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Lichtenbergprofessur

Lichtenbergprofessur

Ab sofort wird extern bestimmt, wer Prof wird.

Für die meisten Menschen an dieser Uni ist der Begriff einer Lichtenbergprofessur völlig unbekannt. Dabei erregte diese in den letzten Monaten erhebliche Aufmerksamkeit in den Gremien und wurde zurecht von vielen Beteiligten kritisiert.

Worum geht es eigentlich?

Die Lichtenbergprofessur ist eine Förderung der Volkswagenstiftung für „herausragende (Nachwuchs-)Wissenschaftler(innen), die eigenständig in innovativen und interdisziplinären Bereichen forschen wollen“. Soweit so unspektakulär. Es gibt 1,5Millionen Euro dafür, einige weitere Fördermaßnahmen und eine Professur. Fast.
Für die Professur und damit die gesamte Förderung muss eine Uni gefunden werden, die eine Zusage gibt, den Menschen, der gefördert wird danach dauerhaft in dieser Professur zu übernehmen. Faktisch geht es also um die Besetzung einer Professur auf Lebenszeit.

Was ist das Problem?

Bisher kann man sich denken, kein Problem, kommen halt richtig gute Leute gefördert auf eine Professur. Kann doch nur gut sein für die Uni. Nicht so ganz.

Das Verfahren dahin ist das erste Problem.

Nach den Regularien der Volkswagenstiftung bewirbt sich der Mensch mit einem Forschungsthema bei der Stiftung auf die Lichtenbergprofessur. Dort wird dann ausgewählt, wer diese Förderung bekommt, wie genau ist für externe Menschen nicht einsehbar. Geht das für den Menschen positiv aus, so sucht dieser sich eine Uni, an der er gerne Prof. werden möchte und redet dort mit den entsprechenden Stellen. Wenn die Uni zustimmt, dann wird das alles vertraglich eingetütet und los geht‘s.
Nun ist es aber so, dass normalerweise die Besetzung einer Professur einer „Bestenauslese“ unterliegt, also sich mehrere Menschen bewerben können und von diesen nach Qualifikation und Kriterien der Uni ausgewählt wird (siehe Kasten). Vor allem auch im Bereich der Lehre. Die Lehre spielt für die Volkswagenstiftung erklärtermaßen keine Rolle. Die Uni bekommt also wenn sie sich darauf einlässt jemanden, der von einer externen Stiftung ausgewählt wurde, vermutlich in einem Forschungsgebiet richtig gut ist, das vielleicht zur Uni passt, und ohne zu wissen, wie derjenige Lehre hält. Im besten Fall. Und dieser Mensch soll dann auf Lebenszeit an der Uni Professor sein.

Das zweite Problem ist das Verfahren an der TU selbst.

Zunächst wurde die Lichtenbergprofessur als tolle Fördermöglichkeit für einen Menschen vorgestellt, der sehr gut in seinem Forschungsgebiet ist. Über die Verpflichtungen der Uni wurde nur einigermaßen informiert, so dass im laufenden Verfahren immer wieder unschöne Details der Verpflichtungen, die einzugehen sind, ans Licht kamen. Weiterhin wurde vereinbart, dass die TU selbst noch eine Prüfung des Betroffenen durchführt, ebenso eine Evaluation, vor Ablauf der Förderung und Übernahme auf eine reguläre Stelle. Die Prüfung erfolgte dann unter enormem Zeitdruck und teils fragwürdigen Verfahrensabläufen. Die Evaluation ist vollkommen sinnfrei, da erstens klar ist, wenn eine Person evaluiert wird, dass das Ergebnis positiv ausgeht und andererseits sich die TU vor Beginn der Förderung schon auf die Übernahme verpflichten muss. Eine Evaluation ist nicht vorgesehen in den Regularien.

Was passierte an der TU?

Auf dem Gremienweg dieser Berufung vom Fakultätsrat durch den Akademischen Senat kamen wie erwähnt immer wieder neue Dinge ans Licht. Das führte bei der Beantragung der Professur zu Widerstand im Akademischen Senat seitens der Frauenbeauftragten, vor allem wegen der ad Personam Berufung dieser einen Person, ohne vorherige Auswahl und der Studierenden, wegen des Verfahrens und der fehlenden Prüfung und Auswahl, was die Lehre betrifft.

Berufung
Für frei werdende oder neu geschaffene Professuren findet ein umfangreiches Berufungsverfahren statt. Dabei können sich Menschen auf eine Ausschreibung bewerben und werden dann anhand ihrer bisherigen Leistungen zu Vorträgen und Gesprächen eingeladen. Dabei wird viel Wert auf die Didaktik und Lehrerfahrung gelegt. Zusätzlich werden für die aussichtsreichsten Bewerber*innen noch externe Gutachten eingeholt, die meist sehr auf die Forschungsleistung Wert legen. Dies zusammen ergibt dann eine Berufungsliste über die im Fakultätsrat abgestimmt wir und welche dann über den Akademischen Senat an die Senatsverwaltung für Wissenschaft zur Ruferteilung geht.

Klar, Professoren sind von der Lehre nicht betroffen. Beide beantworteten den Antrag mit einem Veto, dem größtmöglichen Mittel, dass eine Minderheit im Gremium hat (siehe Kasten). Leider hat das nur aufschiebende Wirkung. Beide Veten wurden daraufhin in den folgenden Sitzungen überstimmt.

Veto

Das Veto ist in der Grundordnung der TU geregelt. Genauer handelt es sich dabei um zwei verschiedene Mittel mit gleicher Wirkung. Der Widerspruch der Frauenbeauftragten (§58 GrO-TU/ §59(9) BerlHG) wird von dieser schriftlich innerhalb von zwei Wochen begründet und verschiebt die Entscheidung auf eine nächste Sitzung. Dort kann der Widerspruch mit Mehrheit überstimmt werden.

Das Statusgruppenveto (§38 GrO-TU) ermöglicht einer Minderheitengruppe (WiMis, Studis, SoMis) in einem Gremium, nicht nur geschlossen dagegen zu stimmen, sondern ebenfalls die Entscheidung zu verschieben. Dazu wird meist auch eine schriftliche Stellungnahme abgegeben um die Gründe ausführlich darzustellen. Auch dieses kann mit Mehrheit bei der nächsten Sitzung überstimmt werden. Jede Statusgruppe kann zu einem Beschluss nur einmal ein solches Veto in einem Gremium einlegen.

Ein Ziel der Veten ist die Verdeutlichung der Ablehnung, ein anderes, die Möglichkeit Gespräche über eine Einigung oder ein anderes Vorgehen zu führen. Das wird allerdings selten genutzt.

Im Verfahren der Prüfung des Betroffenen, gab es wie erwähnt auch etliche Dinge, die nicht wirklich gut liefen. Inklusive dem Versuch den Antrag der Besetzung der Stelle gelichzeitig im Fakultätsrat und im Akademischen Senat zu behandeln. Dabei steht den Mitgliedern im Fakultätsrat unter anderem, die Möglichkeit zu einer schriftlichen Stellungnahme zu, die bis zu einem Tag nach der Sitzung eingereicht werden kann. Gleichzeitige Sitzungen heißen aber, dass dies nicht möglich ist, bzw. das höhere Gremium nicht erreicht. Dort aber könnte die Stellungnahme durchaus wichtig sein, wenn darin Argumente angeführt werden, die einzelne Meinungen ändern. Diese demokratische Möglichkeit, die auch in der Grundordnung der TU vorgesehen ist, sollte ausgehebelt werden, weil es mal wieder „eilig“ war und „Fristen abliefen“. Das sorgte dann sogar bei einigen Professoren für Unmut und führte zu einer äußerst knappen Abstimmung, die mit einem Veto der Studierenden einherging. Das Verfahren davor führte wiederum zu einem Veto der Frauenbeauftragten der Fakultät. Schlussendlich wurde auch im Akademischen Senat ein Veto der zentralen Frauenbeauftragten eingelegt.

Wie man sieht, stößt diese Professur, schon in ihrer Anlage auf massiven Widerstand der Studierenden und auch der Frauenbeauftragten. Die „sonstigen“ Mitarbeiterinnen (Verwaltungspersonal und Techniker*innen) dürfen leider nicht mit abstimmen, sind aber auch dabei. Dieser Widerstand wird dann auch schon mal sehr persönlich angegriffen auf Sitzungen.
Wie auch immer, die Professoren, zumindest die Mehrheit sieht das Ganze als weniger problematisch an. Gibt ja Kohle und man tritt den Kollegen nicht auf die Füße.
Dass die TU im Endeffekt von einer externen Stiftung jemanden vorgesetzt bekommt, der hier Professor wird, ist dann auch nicht mehr so relevant. Auch wenn man sich sonst sehr auf die „Bestenauslese“ beruft, wenn es um Studienzugang, Studienbedingungen und natürlich Berufungen von Professuren geht.

Wie ging es weiter?

Das Verfahren inklusive aller Querelen und Veten war beinahe durchgestimmt. Danke an die Profs. Daraufhin sollten die Unterlagen an die Senatsverwaltung für Wissenschaft weitergegeben werden, von der dann der Ruf erfolgt wäre, wenn die Verträge unterzeichnet sind. Es bestand wenig Anlass zur Hoffnung, dass auf dem weiteren Weg das Verfahren noch aufgehalten würde. Wir Studis hatten getan, was wir konnten, um das kritisch und nach den jeweils vorliegenden Informationen auch mit Widerstand zu begleiten und darzustellen, wo wir diverse Probleme dabei sehen. Wenn das Verfahren dann durch wäre, so hätten wir einen Präzedenzfall, auf den sich in Zukunft Menschen berufen können und dann hätten wir nicht nur einen solchen Prof. an der Uni. Wozu wir dann noch interne Verfahren und „Bestenauslese“ durchführen bleibt unklar. Verkaufen wir die Uni und die Lehre doch gleich an Stiftungen und externe Geldgeber.

Das Verfahren wurde, für uns alle überraschend, doch noch vom Präsidium gestoppt. Angeblich aufgrund formaler Fehler, die man aber schon seit langem hätte wissen können (Unterlagen lesen) und die auch nochmal sehr ausführlich im Widerspruch der Frauenbeauftragten aufgeführt wurden. Offensichtlich dämmerte es im Präsidium, dass man das so nicht durch die Senatsverwaltung bekommt. Der Sündenbock ist die Fakultät, auf die jetzt Bezug genommen wird, warum diese das nicht früher gestoppt hätte.

Klar, lief da auch vieles nicht gut, wie dargestellt, aber die Zentrale mit Akademischem Senat und Präsidium hat mindestens genauso großen Anteil, denn auch dort wurde das Verfahren auf biegen und Brechen fortgeführt. Festzuhalten bleibt, dass der TU Berlin der Präzedenzfall erstmal erspart geblieben ist. Es gilt aber wachsam zu bleiben für ähnliche Verfahren. Das Lichtenberg-Programm endet nächstes Jahr, von dort wird es wohl nicht noch ein Verfahren geben. Es gibt allerdings auch andere ähnliche Programme.

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